Am Sonntag bekamen Michael und ich die Möglichkeit mit Olga in das ca. 25km entfernte Почаїв (dt. Počajiv) zu fahren. Dort befindet sich einer der populärsten Wallfahrtsorte der Ukraine. Die dort gelegene Лавра (dt. Lawra) ist die zweitgrößte russisch-orthodoxe Klosteranlage in der Ukraine und laut Reiseführer „(…)mit eines der bedeutendsten Heiligtümer der Ukraine“.
Michael, Olga und Ich trafen uns an der Busstation um den nächsten Bus zum Kloster zu nehmen. Wir nutzten die Wartezeit und Olga berichtete uns schon ein wenig über Počajiv und die Geschichte des Klosters. Einer Legende nach soll die Muttergottes fliehenden Mönchen aus Kiev in Počajiv erschienen sein. Sie soll mit ihrem Fuß einen Abdruck hinterlassen haben wo sich daraufhin eine Heilquelle ergoss. Die geflohenen Mönche siedelten sich um diese heilige Quelle an und errichteten kurzerhand ein Kloster. Jahre später soll dem Bruder einer reichen ukrainischen Frau aufgrund des heilenden Wassers das Augenlicht wieder gegeben worden sein. Sie schenkte der Klostergemeinde die erste Ikone;“ die Ikone der Gottesgebärerin“. Die Mönche des Klosters glauben, das diese Ikone Unheil von dem Kloster fernhält. So soll dank dieser Ikone die Klosteranlage vor der Belagerung osmanischer Kämpfer bewahrt worden sein. So erzählt man sich, das die osmanische Armee mit Pfeilen über die Verteidigungsmauer ins Innere schoss, die Pfeile jedoch auf unerklärliche Weise sich wendeten und den Schützen erschossen.
Olga erklärte uns das der ehemalige ukrainische Präsident vor einem Jahr in Počajiv war um das Kloster zu bewundern. Das erklärte die gut ausgebaute Straße, die so gar nicht der schon völlig normal gewordenen ukrainischen „Schlagloch-Slalomfahrt“ ähnelte. Die goldenen Kuppeln der Klosteranlage glänzen schon aus weiter Entfernung und sind nicht zu verfehlen. Für Michael und mich war der erste Eindruck etwas befremdlich und gewöhnungsbedürftig, da wir noch nie so viel Reichtum an einem Ort in direkter Nähe von Kremenets gesehen hatten. Man muss dazu sagen, dass das aber auch einfach stilistisch sehr typisch russisch-orthodox ist; Marmorverzierungen, Gold und von Hand gefertigte Holzschnitzereien an den Wänden. Überall sind Gemälde und Wandmalereien welche z.B. die letzten Tage von Jesus zeigen. Die Klosteranlage umfasst zwei Kathedralen, eine Kirche + Glockenturm, das erzbischöfliche Haus und weitere Gebäude für Unterkunft und Verpflegung der Mönche und Pilger. Jährlich zieht es tausende Menschen in das Kloster. Zum einen Touristen, welche die prunkvollen Bauten einer russisch-orthodoxen Kirche bewundern möchten. Zum anderen aber auch eine Vielzahl an Bettlern und Kranken, welche auf die heilende Wirkung der Quelle hoffen. Innerhalb der Klosteranlage befindet sich noch eine Höhle durch welche man zur heilenden Quelle gelangen kann. Einmal im Jahr wird zudem der Körper eines Heiligen um das Kloster getragen, der Körper soll seit 100ten von Jahren konserviert und gut erhalten in diesem Sarg liegen. Natürlich finden innerhalb des Klosters auch Gottesdienste statt und es verwunderte mich das in keiner Kathedrale oder Kirche Bänke zusehen waren. Dies ist völlig normal, stehst du nicht auch auf wenn der Präsident den Saal betritt? Das gleiche machen Gläubige der russisch-orthodoxen Kirche bei der Anwesenheit Gottes, also in der Kirche. Außerdem ist eine russisch-orthodoxe Kirche immer in zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite befindet sich die Ikone der Muttergottes und auf der rechten Seite die Christusikone. Während eines Gottesdienstes stehen nun links die Frauen und rechts die Männer.
Einen Tag vor der Fahrt sprach ich mit zwei Ukrainern über meinen Plan nach Počajiv zu fahren und sie berichteten mir das für viele Ukrainer das Kloster ein Dorn im Auge ist und viele Vorwürfe ertragen muss. Als russisch-orthodoxe Kirche positioniert sich diese öffentlich auf Seiten Russlands und sorgte in den letzten Jahren immer wieder für Furore. So wird dort nur die russische Sprache gesprochen und in der eigenen Buchdruckerei wurden Falschinformationen bzw. „russlandfreundliche“ Fakten geschrieben. Über längere Zeit sollen verdeckt Kinder unterrichtet worden sein, wobei der Geschichtsunterricht verändert und statt ukrainisch nur russisch gelehrt wurde.
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AwesomeMcAwesomeness (Dienstag, 31 Oktober 2017 20:45)
Ich finde deine Schreibweise sehr sexy. Und du bist auch nett. Fühl dich gedrückt, bussi <3